Woher natürliche Bewegungen kommen und warum wir sie in unser Training integrieren sollten
Woran denkst du, wenn du an fit oder Fitness denkst? Heutzutage geht es dabei viel um Aussehen, um Training im Studio und um Leistung an der Hantel. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das nicht immer so war (vgl. Quelle 1): Historisch gesehen war Fitness zunächst überlebenswichtig – „survival of the fitest“ galt auch für unsere frühen Vorfahren. Dabei waren die Bewegungsanforderungen umfangreich und aus allen der folgenden Bereiche:
- Fortbewegen (Gehen, Laufen, Springen, Klettern, Krabbeln, Balancieren, Schwimmen …)
- Heben / Tragen (Bäume, Steine, Nahrung, den gesamten Haushalt, …)
- Werfen (und fangen)
- Verteidigung
Später galt dies ähnlich auch für die beginnende Landwirtschaft.
Zur Zeit der großen Weltreiche von Babyloniern, Griechen und Römern blieben die Bewegungen ähnlich, das Ziel war hier die Verteidigung und Erweiterung der Reiche im Krieg. Erstmals wurde in dieser Zeit auch der Sport als Vergleich und Unterhaltung eingeführt – die Griechen gründeten die Olympischen Spiele.
Im Mittelalter geriet dies etwas in den Hintergrund, zwar gab es immer noch Kriege, doch diese wurde von Spezialisten (den Rittern) geführt. Die Bevölkerung „trainierte“ durch harte Arbeit im feudalen System. Ansonsten wurde der Körper als sündig und unwichtig angesehen, da der Glaube die Seele und das Leben nach dem Tod in den Fokus rückte.
Erst in der Renaissance wurde das Interesse am Körper und der Anatomie wiederentdeckt. Ab Ende des 18. Jahrhunderts flammte auch in der breiten Bevölkerung der Antrieb, körperlich fit zu sein, wieder auf. Erneut ging es (besonders in Europa) um die Landesverteidigung. Besonders auch aus Deutschland heraus wurden systematische Sport- und Gymnastikprogramme erstellt und später international kopiert und weiterentwickelt.
Ab dem 20. Jahrhundert entwickelte sich dann die heute existierende Fitness-Industrie mit Fitnessstudios und Geräteparks, jedoch gab es in den letzten ca. 25 Jahren auch vermehrt eine Rückbesinnung auf natürliche Bewegungen.
Was ist natürliche Bewegung?
Viele Fitnessübungen spiegeln nicht so ganz unseren – mehr oder weniger natürlichen – Alltag wider. Das ist gar nicht schlimm und hat gute Gründe:
- In Übungen versuchen wir zu vereinfachen und Bewegungsabläufe wiederholbar und dafür weniger komplex zu gestalten: z. B. Gewichte auf Ablage ohne Hochheben.
- Im Training werden manche Bewegungen künstlich erschwert, um einen möglichst großen Trainingsreiz zu erreichen, siehe z. B. typische Crossfit-Übungen.
Natürliche Bewegungen haben genau dies nicht. Sie kombinieren Bewegungsmuster und sind dadurch koordinativ anspruchsvoll. Da hier ganze Muskel- und Faszienketten angesprochen werden, zielt die Bewegungsausführung besonders auf Effizienz.
Darüber hinaus lassen sich natürliche Bewegungen sehr gut skalieren und somit für alle Fitnesslevel anwenden. Sie sind dabei nicht zu spezifisch, denn wir trainieren ja nicht für eine spezielle Sportart, sondern für den stets wechselhaften Alltag.
Weiterhin kann durch natürliche Bewegungen die „Routine“ im Training gebrochen werden und man erreicht eher eine Art Flow beim Sport, wie Kellen Milad in seinem Artikel beschreibt (Quelle 2). Hierbei geht es auch darum, die Achtsamkeit für die Bewegungen und Bewegungsausführung zu schulen.
Aspekte natürlicher Bewegung
Natürliche Bewegung erfüllt dabei mehre Aspekte (vgl. Quelle 3).
Sie ist:
- evolutionär – wie über die Jahre entwickelt
- funktional – und damit nicht immer den gängigen Fitnessidealen entsprechend
- abwechslungsreich – so wie es das Leben in der Natur ist
- langfristig – also weniger an kurzfristigen Sixpacks und mehr an langfristiger Leistung orientiert
- regelmäßig – sie kann täglich ausgeführt werden (irgendeine Bewegung geht immer)
- ganzheitlich – geht über den Körper hinaus und umfasst Atmung, Konzentration, Meditation
Unsere Zivilisation schützt uns vor den Gefahren der Natur, allerdings reduziert sie auch „die Menge der täglichen Arbeitsbelastung oder macht sie einseitig“ (vgl. Quelle 4). Wie kannst du das ändern und das wunderbare Prinzip natürlicher Bewegung nutzen?
Natürliche Bewegung im Training nutzen
Baue immer mal wieder eine der folgenden Übungen in dein Training ein, oder mache auch im Laufe des Tages kurze Bewegungspausen:
1) Bodenbewegungen:
- krabbeln
- rollen
- sitzen
2) hängen und klettern
3) heben und tragen
4) übersteigen und unterschreiten von Objekten
Wenn ich an „fit“ denke, denke ich besonders auch daran, beschwerdefrei und kraftvoll durch den Alltag zu kommen. Nicht umsonst treibt es mich zurück zu natürlichen Bewegungen, wenn gerade mal wieder der Rücken zwickt oder die Schulter hakt. Dabei kann man natürliche Bewegungen auch gut zum Aufwärmen oder als kleine Einheit für Zwischendurch einbauen. Hier ein Beispiel von mir:
Warm up:
- 2 min: Rückenlage Beine und Arme in alle Richtungen recken und strecken.
- 2 Runden: Seitsitz umklappen 10 Wdh.; Seitsitz Wechsel vorne 10 Wdh.; Seitsitz dehnen.
- 2 Runden: 4 Füßler „rocking“ im Wechsel mit Hängen und in den Schultern drehen.
Kraft – 3 Runden:
- 10 m krabbeln vorwärts, Tripod Wechsel, 10 m krabbeln rückwärts
- Hängen an der Klimmzugstange. 10 x Füße zur Stange und Hüfte hoch
- 20 x aus dem Kniestand aufstehen (10 re/10 li)
- 1 min Farmers Carry mit Kettlebells 50 % des Körpergewichts
Cool Down – und etwas Technik:
Seitsitz Rolle und Seitsitz Windmühle zum Lockern.
Probiere es doch mal aus und sprich mich gern an, wenn du Fragen hast, mehr wissen oder die Übungen gemeinsam ausführen möchtest.
Beste Grüße
Matthias