Stress reduzieren durch die richtige Atmung, klingt doch eigentlich ganz easy, oder? Coach Marvin verrät hier, wie du richtig atmest, um weniger gestresst zu sein.
„Unsere Atmung kann unseren Gesundheitszustand positiv beeinflussen, uns helfen abzunehmen und sogar unser Leben verlängern. Wer richtig atmet, ist selbstbewusster und kann sich besser konzentrieren. Wie sehr wir auch auf Ernährung achten, wieviel Sport wir auch treiben, wie widerstandsfähig unsere Gene sein mögen, wie schlank, jung und klug wir auch sind – das alles hilft nichts, solange wir nicht richtig atmen.“ – James Nestor aus seinem Buch „Breath – Atem“
Stress – ein ständiger Begleiter
Subjektives Stressempfinden spielt in der heutigen Gesellschaft eine immer größere Rolle, wobei Faktoren wie die Arbeitswelt, Zeitdruck und die Folgen der Corona-Pandemie eine zentrale Rolle spielen. Die TK-Stressstudie 2021 zeigte, dass die Häufigkeit von starkem Stressempfinden deutlich gestiegen ist. Während 2013 lediglich ein Fünftel (20 Prozent) über häufigen Stress klagte, ist es jetzt ein Viertel (26 Prozent). Vor allem Frauen und die Menschen, die sich in der sogenannten „Rushhour des Lebens“ (30–45 Jahre) befinden, sind besonders belastet.
Zur Reduktion des Stressempfindens gibt es eine Fülle an Möglichkeiten, wie z. B.:
- Bewegung und körperliche Aktivität
- Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen
- Zeitmanagement und Priorisierung
- Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen
- Soziale Unterstützung durch Freunde und Familie
- Atemtechniken
In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf Atemtechniken zur Stressreduktion.
Laut DKV-Report 2023 werden gezielte Atemtechniken und aktive Erholungspausen zur Stressreduktion noch vergleichsweise selten genutzt. Besonders aufgrund der Einfachheit und der großen Wirksamkeit einiger Atemmaßnahmen ist dies eine Aussage, die nachdenklich macht.
Atmung und Stress
Wie sollten wir nun also atmen, um einen positiven Effekt auf unser Stresslevel zu erzielen?
Mund zu, Nase auf!
Kurzum, die Nase ist zum Atmen und der Mund zum Essen da. So banal das auch klingen mag, aber unsere Nase bietet während der Atmung viele Vorteile gegenüber der Mundatmung
- Filterfunktion
Die Nasenhaare und die Schleimhäute in der Nase filtern Partikel, Staub und Mikroorganismen aus der eingeatmeten Luft, was die Atemwege vor Infektionen schützt. Dies ist bei der Mundatmung nicht gegeben.
- Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft
Die Nase erwärmt und befeuchtet die eingeatmete Luft, wodurch die Lungen besser mit feuchter, temperierter Luft versorgt werden. Mundatmung kann zu einer Austrocknung der Schleimhäute und einer Reizung der Atemwege führen.
- Förderung der Zwerchfellatmung
Nasenatmung aktiviert die Zwerchfellatmung stärker als die Mundatmung. Dies trägt zu einer tieferen und effizienteren Atmung bei, was die Sauerstoffversorgung des Körpers verbessert und die Herzfrequenz senkt.
- Verbesserung der Schlafqualität
Nasenatmung ist während des Schlafs wichtig, um das Schnarchen und die Entwicklung von Schlafapnoe zu minimieren. Vor allem im Hinblick auf Stress ist ein erholsamer Schlaf ein wichtiger Faktor zu dessen Minimierung.
- Optimale Mund- und Zahngesundheit
Nasenatmung verhindert die Austrocknung des Mundes und die Ansäuerung durch Speichelmangel, was das Risiko für Karies und Zahnfleischerkrankungen verringert. Mundatmung begünstigt hingegen Bakterienwachstum und Mundgeruch. Und jetzt mal ganz im Ernst: wer hat schon Lust auf Mundgeruch?
Langsam (aus-) atmen!
Hin und wieder bewusst zu atmen und auf seinen Atemrythmus Einfluss zu nehmen kann wahre Wunder bewirken – die folgenden sind sogar wissenschaftlich hinterlegt:
- Aktivierung des Parasympathikus
Eine verlängerte Ausatmung aktiviert den Parasympathikus, den „Ruhe- und Erholungsnerv“. Dies führt zu einer Senkung der Herzfrequenz und des Blutdrucks und fördert Entspannung und Erholung.
- Reduktion des Stresslevels
Eine verlängerte Ausatmung kann den Cortisolspiegel senken, was zur Verringerung von Stress beiträgt.
- Erhöhte Resilienz gegenüber Belastungen
Eine bewusste Atmung mit verlängerter Ausatmung hilft, die Reaktionen auf körperliche und emotionale Stressoren zu regulieren, wodurch langfristig die Fähigkeit zur Stressbewältigung gesteigert wird.
Geiz ist geil!
Jeder weiß mittlerweile, was bei einer Diät passiert: Man reduziert die Kalorienzufuhr, sodass diese den körpereigenen Tagesbedarf unterschreitet. Es kommt zur Gewichtsabnahme.
Das gleiche Prinzip kann man auch bei der Atmung anwenden. Sich gelegentlich einem gesunden „Atemhunger“ zu unterziehen und mit der körpereigenen Sauerstoffzufuhr zu haushalten, kann einige tolle Effekte bewirken:
- Erhöhte Toleranz gegenüber CO2
Regelmäßiges Atemanhalten erhöht die Toleranz des Körpers gegenüber einem höheren Kohlendioxidspiegel (CO2) im Blut. Diese Anpassung verbessert die Effizienz des Sauerstofftransports, da CO2 ein wichtiges Signal für die Sauerstoffabgabe an Gewebe ist (Bohr-Effekt).
- Steigerung des mentalen Fokus und Resilienz
Atemanhalten erfordert mentale Disziplin und erhöht die Aktivität im präfrontalen Cortex, der für Fokus und Entscheidungsfindung zuständig ist. Studien zeigen, dass regelmäßiges Atemanhalten die Fähigkeit erhöht, in stressigen Situationen ruhig und konzentriert zu bleiben.
Atemtechniken
So viel zur Theorie, nun gibt es ein paar praktische Beispiele zum Nachturnen für zu Hause. Achte bitte darauf, diese Atemübungen in einem sicheren Setting mit aufrechter Körperhaltung sitzend auszuprobieren.
Nimm dir Zeit hierfür, Zeit für dich selbst. Oft ist dies schon der erste Schritt zur Stressreduktion.
1. Erholsames Atmen
- anwendbar nach dem Training oder einem stressigen Tag
- 10 Atemzüge pro Intervall
- Bauchatmung
- 4 Sekunden einatmen / 4 Sekunden ausatmen
- 4 Sekunden einatmen / 8 Sekunden ausatmen
- 4 Sekunden einatmen / 12 Sekunden ausatmen
2. Kohärentes Atmen
- steigert die Herzfrequenzvariabilität
- dient der Entspannung
- Bauchatmung
- ca. 5 – 10 min
- 5 – 6 sek einatmen / 5 – 6 sek ausatmen
3. Buteyko-Test
- 3 min entspannte Nasenatmung im Sitz
- danach einmal Luft komplett und langsam ausatmen
- nun Zeit stoppen, bis der Impuls zum Luft holen kommt
- Normwerte: 20 sek normal // 45 sek Sportler
4. Atemübungen Buteyko
- mehrmals täglich „mini“ Atempausen einlegen, die der Hälfte des Buteyko-Test-Scores entsprechen
- verlangsamte Nasenatmung tagsüber
- Ziel: Steigerung der CO2 Toleranz + bessere O2 Versorgung im Körper
5. Box Atmung
- 4 sek einatmen / 4 sek Atem halten / 4 sek ausatmen / 4 sek Atem halten
- 6 oder mehr Durchgänge sind zu empfehlen
- Steigerung von Ruhe, Konzentration und Fokus
Du möchtest noch mehr Tipps zum Thema Stressreduktion und Regeneration? Dann schau doch mal in diesen Beitrag von Coach Torge!
Quellen:
- Meyer, B., Zill, A., Dilba, D., & Voermans, S. (2021). Entspann dich, Deutschland! TK-Stressstudie 2021.
- Froböse, I., Wallmann-Sperlich, B., & Lendt, C. (2023). Der DKV-Report 2023: Wie gesund lebt Deutschland?DKV Deutsche Krankenversicherung. https://www.dshs-koeln.de/fileadmin/redaktion/user_upload/DKV-Report_2023_Web.pdf
- Nestor, J. (2021). Breath-Atem: neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens. Piper ebooks.